Montag, 15. August 2022

Und unser lieben Frauen Traum

Our Lady of Mariapocs

Wieder geht es um ein Lied, das aus den Liederbüchern ausgewandert ist, in diesem Fall nicht nur in den Konzertsaal, sondern in die berühmte Liedersammlung der Wandervogelbewegung, den "Zupfgeigenhansel". Es stammt aus Nikolaus Beuttners "Catholischem Gesangbuch" von 1602, wo es folgenden Wortlauf hat.

  1. Und unser lieben Frauen / der traumet ihr ein Traum / wie unter ihrem Herzen / gewachsen wär ein Baum / Kyrie eleison
  2. Und wie der Baum ein Schatten gab / wohl über alle Land / Herr Jesu Christ der Heiland / also ist er genannt / Kyrie ....
  3. Herr Jesu Christ der Heiland / ist unser Heil und Trost / mit seiner bittern Marter / hat er uns all erlöst. / Kyrie ... .
In der Originalversion scheint das Lied ab dem vierten Vers noch einmal neu zu beginnen. "Und unser liebe Frauen / die trug ein Kindelein ... ." es schließen sich dann 13 Verse an, die offenkundig den Charakter eines Wallfahrtsliedes haben: "Kommt er dann auch gen Kirchen / zu unser Frauen Haus / beicht er sein Sünd / hat Reue / so geht er ledig draus."

Beuttner hat die Lieder, die er in seinem Buch wiedergeben hat, meist schon vorgefunden, und in diesem Fall kann es sein, daß er zwei Lieder vorgefunden hat, die er entweder selbst zusammengesetzt hat, oder die schon in dieser Form vorlagen. In der dreistrophigen Version haben wir eine in den Advent einzuordnende "Leise", in der langen ein Wallfahrtslied, in der allerdings die dritte Strophe "stört". In der weiteren Rezeption finden sich deshalb meist zwei verschiedene Versionen, entweder die Version mit ersten drei originalen Versen - wie sie Max Reger verarbeitet hat - oder in einer Version, die die dritte Strophe ausläßt und mit der vierten weitergeht.

Auch die Melodie funktioniert nach dem "Copy and Paste"- Verfahren, die ersten zwei Zeilen haben die selbe Melodie wie "Es flog ein Täublein weiße", die sich dann etwas anders fortsetzt.

Max Reger hat eine ganz neue Melodie komponiert und eine wunderschöne Motette geschaffen. Beide Melodien kann man sich übrigens bei der "FAZ" anhören.

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