Samstag, 9. Dezember 2023

Josef, lieber Josef mein

Christkindwiege um 1340


 

Die große Zahl von Wiegenliedern und überlieferten Artefakten aus dem Mittelalter läßt den Schluß zu, daß das "Kindlwiegen" in dieser Zeit zu den festen Bestandteilen des weihnachtlichten Gottesdienstes gehörte. Die Wiegenlieder sind heute gewissermaßen ausgewandert, weder im katholischen Gotteslob noch im EG findet sich dieses, wohl populärste Wiegenlied. 

Auch sonst ist da nichts mehr mit Kindlwiegen, selbst das alte "Laßt uns das Kindlein wiegen", daß seit 1604 in allen katholischen Liederbüchern zu finden war, ist nicht mehr. Georg Thurmair hatte es noch in sein Epoche machendes "Kirchenlied" aufgenommen, auch in den Diözesangesangbüchern ist es noch zu finden, das Gotteslob hat kein einziges Wiegenlied mehr aufgenommen. Man kann sich gut vorstellen, daß der Weihnachtsgottesdienst des Mittelalters um einiges lebendiger und fröhlicher gewesen ist, festlicher und kindlicher muß es zugegangen sein.

Die Melodie geht auf das "Resonet in laudibus" zurück, daß zuerst im Seckauer Cantionale aus dem Jahre 1345 zu finden ist, und seitdem in fast allen katholischen und evangelischen Gesangbücher der Folgezeit auftaucht. Schon das Resonet in Laudibus steht offenbar in Verbindung mit einem Weihnachtsspiel, mit dem deutschen Text, der erstmals in den Liedersammlungen des "Mönchs von Salzburg" Ende des 14. Jahrhunderts auftaucht, wird das Motiv des Kindlwiegens auch in den Text selbst aufgenommen

Josef, lieber Josef mein / hilf mir wiegen mein Kindlein / Gott der wird dein Lohner sein / Im Himmelreich / der Jungfrau Kind, Maria 
Gerne liebe Muhme mein / helf ich dir wiegen dein Kindlein / daß Gott müsse mein Lohner sein / Im Himmelreich / Du reine Magd Maria 
Freu dich nun, du christlich Schar / Gott der Himmelskönig klar / nahm die Menschheit offenbar / den uns gebar / die reine Magd Maria 
Die Melodie ist hier zu finden 

Samstag, 25. November 2023

Rorate caeli -

Rorate-Messe

 Als ich dieses Lied zum ersten Mal gehört habe, dachte ich an einen alten Text frühestens aus dem Spätmittelalter. So kann man sich täuschen.

Zwar ist der Kehrvers wie auch die Verse der lateinischen Vulgate entnommen, nämlich dem Propheten Jesaja. der Kehrvers entspricht dem Introitus des vierten Adventssonntags, 

Melodie und Text sind aber verhältnismäßig jung. Als Verfasser und Komponist gilt heute der erste Abt des wiedergegründeten Benediktinerkloster von Solesmes, Dom Prosper-Louis-Pascal Guéranger. Der Wechselgesang stammt also vermutlich aus dem Jahr 1870.

Dom Guéranger ist eine der maßgeblichen Personen der liturgischen Bewegung des 19. Jahrhunderts, die von ihm geführte Abtei war und ist bis heute das Zentrum, von dem die Restitution des Gregorianischen Gesangs ausging.

Der Wechselgesang findet sich nicht in den älteren Gesangbüchern, sondern im liber usualis (Seite 1868), das bis 1964 herausgegeben wurde.

Im Gotteslob findet sich lediglich die Antiphon.

Rorate caeli desuper,
et nubes pluant justum. (Kehrvers)

Ne irascaris Domine,ne ultra memineris iniquitatis: ecce civitas Sancti facta est deserta:
Sion deserta facta est:Jerusalem desolata est:domus sanctificationis tuae et gloriae tuae,
ubi laudaverunt te patres nostri. – Kv

Peccavimus, et facti sumus tamquam immundi[10] nos,et cecidimus quasi folium universi:et iniquitates nostrae quasi ventus abstulerunt nos: abscondisti faciem tuam a nobis, et allisisti nos in manu iniquitatis nostrae. – Kv

Vide Domine afflictionem populi tui, et mitte quem missurus es: emitte Agnum dominatorem terrae, de Petra deserti ad montem filiae Sion: ut auferat ipse jugum captivitatis nostrae. – Kv
Consolamini, consolamini, popule meus: cito veniet salus tua: quare maerore consumeris, quia innovavit te dolor? Salvabo te, noli timere, ego enim sum Dominus Deus tuus, Sanctus Israël, Redemptor tuus. – Kv

Melodie