In dulci jubilo, älteste bekannte Fassung Ende 14. Jhdt. |
Angeblich soll Heinrich Seuse (* 1295 +1366) , der seliggesprochene Gelehrte und Mystiker, persönlich das Lied gedichtet haben. Konkrete Nachweise dafür gibt es nicht, bekannt ist aber, daß Seuse die Melodie des Liedes kannte. Das Lied war daher wohl schon spätestens Mitte des 14. Jahrhunderts bekannt. Die frühesten Zeugnisse sind zwei Handschriften von Ende des 14. Jahrhundert und Anfang des 15. Jahrhunderts. Das Lied besteht in der ältesten überlieferten Fassung aus vier Strophen zu je zehn Zeilen, es wird noch eine acht-zeilige Version gegeben haben, über die nicht viel bekannt ist. Hier die Version, die um 1440 in der Kartause zu Köln entstanden ist:
- In dulci jubilo / singet und weset froh / all unsres Herzen Wonne / liegt in praesepio / hie leucht recht als die Sonne / matris in gremio / ergo merito / ergo merito / des sollen alle Herzen / schweben in gaudio
- O Jesu parvule / nach dir ist mir so weh / tröst du mein Gemüte / tu puer inclite / hilf uns durch deine Güte / tu puer optime / trahe me post te / trahe me post te / in deinesVaters Reich / tu princeps gloriae
- Ubi sunt gaudia / nirgend dann allda / da hört man Saiten klingen / in regis curia / da hört man Engel singen / nova cantica / eya qualia eya qualia / O Mutter aller Güten bring uns ad talia
- Maria nostra spes / Jungfrau helf uns des / daß wir so selig werden / als dein progenies / vergib uns unsre Sünden / viel mehr denn septies / Vitam nobis des / vitam nobis des / daß uns zuteile werde / aeterna requies
Diese Fassung hat vier Strophen zu je zehn Zeilen, durchgesetzt hat sich schließlich eine kürzere Fassung mit acht Zeilen. Die heute bekannteste Fassung der ersten drei Strophen findet sich in Michael Vehes "New Gesangbüchlin" von 1567:
- In dulci jubilo nun singet und seid froh / unsers Herzens Wonne liegt in praesepio / und leuchtet wie die Sonne matris in gremio / Alpha es et O, Alpha es et O
- O Jesu parvule, nach dir ist mir so weh / Tröst mir mein Gemüte, o puer optime / durch alle deine Güte, o princeps gloriae. / Trahe me post te , trahe me post te
- Ubi sunt gaudia? Nirgends mehr denn da, / wo die Engel singen nova cantica / und die Zimbeln klingen in regis curia / eja qualia, eja qualia !
Es blieb nun nicht bei diesen drei, denn ursprünglich hatte das Lied ja 4 Strophen, und der letzte Satz der zehnzeiligen Variante lautet schließlich "O Mutter aller Güten, bring uns ad talia". Es mußte also Ersatz her, und der lautete dann:
Mater et filia ist Jungfrau Maria / wir wären gar verloren per nostra crimina / so hast du uns erworben coelorum gaudia / Maria hilf uns dar! Maria hilf uns dar!
Für die protestantische Seele war nun der Marienvers nicht tragbar, so daß man sich einen protestantisch-theologisch korrekteren ausdachte:
O patris charitas o Nati lenitas / wir wären all verloren per nostra crimina / so hast du uns erworben coelorum gaudia / Eya wer wir da Eya wer wir da
So das Bapstsche Gesangbuch von 1545. Aber der marianische Vers ist ja auch nicht ganz falsch, und das "Eja wern wir da" paßt nicht zum Schlußvers, sondern zum dritten Vers, der den Himmel beschreibt. Die schlüssigste Version macht das so, sie findet sich, gewissermaßen als katholisch-protestantisches Mischlied bei Ingeborg Weber-Kellermanns "Buch der Weihnachtslieder". Auch wenn damit ein Formprinzip aufgegeben wird, nämlich die durchgehende Zweisprachigkeit so macht die Abfolge der Himmels- und Marienstrophe Sinn.
- In dulci jubilo nun singet und seid froh / unsers Herzens Wonne liegt in praesepio / und leuchtet wie die Sonne matris in gremio / Alpha es et O, Alpha es et O
- O Jesu parvule, nach dir ist mir so weh / Tröst mir mein Gemüte, o puer optime / durch alle deine Güte, o princeps gloriae. / Trahe me post te , trahe me post te
- Ubi sunt gaudia? Nirgends mehr denn da, / wo die Engel singen nova cantica / und die Zimbeln klingen in regis curia / eja wärn wir da! eja wärn wir da !
- Mater et filia ist Jungfrau Maria / wir wären gar verloren per nostra crimina / so hast du uns erworben coelorum gaudia / Maria hilf uns da! Maria hilf uns da!
Zur Rezeptionsgeschichte ist zu sagen, daß das Lied in den meisten Gesangbücher des 16. und 17. Jahrhunderts in der einen - protestantischen - oder anderen - katholischen - Version auftaucht. Corner, der ja einen konfessionsverbindenden Ansatz hat, verbindet beide Schlußverse mit der Folge, daß zwei nahezu gleichklingende Verse aufeinander folgen. Das "Rheinfelsische" verzichtet auf eine Marienanrufung und setzt stattdessen den Bapstschen Vers auf den dritten Platz - das RGB versteht sich als ökumenisches Gesangbuch.
Das Lied überlebt die Aufklärung nicht, jedenfalls nicht in der zweisprachigen Version, erst im 20. Jahrhundert wird es wiederentdeckt, es findet sich erstmals in der dreistrophigen Version von Vehe im "Singeschiff" und dann in allen folgenden Diözesangesangbüchern. Das Gotteslob und das Schweizer Gesangbuch und leider auch das "Laudate Patrem" wählen die protestantisierende Version des RGB und dürfen sich als Trostpflaster mit dem Label ö+ schmücken.
Besser wirds dadurch nicht, katholischer auch nicht, und die Evangolen sind sowieso bei ihrer teutschen Version geblieben, die auch ganz nett klingt, aber doch weniger OUMPF!!! hat als die zweisprachige Version.
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