Sonntag, 6. November 2022

Ihr Freunde Gottes allzugleich

 

Johannes Nepomuk Märtyrer

Der Text des Liedes soll auf Friedrich Spee von Langenfeld zurückgehen, da es keine durch Spee autorisierte Fassung gibt, ist das nur wahrscheinlich, aber keineswegs sicher. Das gilt aber nun auch für andere Lieder, die man eindeutig auf Spee von Langenfeld zurückführen kann, also ist das nicht wirklich wichtig. erstmals veröffentlicht wurde das Lied 1623 in Peter von Brachels Gesangbuch, das Lied wird, wie so viele andere, erst durch die Liedrestauratoren des 19. Jahrhunderts wieder bekannt gemacht, in diesem Fall durch Joseph Mohr. Dort hat es folgende Fassung:

  1. Ihr Freunde Gottes allzugleich / verherrlicht hoch im Himmelreich / Erfleht am Thron der Herrlichkeit / Uns Gnade und Barmherzigkeit / Helft uns in diesem Jammertal / Daß wir durch Gottes Gnadenwahl / Zum Himmel kommen allzumal.
  2. Vor allem du, o Königin / Maria, milde Herrscherin / Ihr Engelschöre auserwählt / Von Heil´ger Lieb zu uns beseelt / Helft uns ...
  3. Ihr Patriarchen allesamt / Davon das Heil der Völker kommt / Erleuchtete Prophetenschar / Die Christum sah, eh´ er denn war / Helft uns ...
  4. Oh ihr Apostel hochgestellt / Davon die ganze Welt erhellt / Ihr ruhmgekrönten Märtyrer / Und ihr getreuen Beichtiger / Helft uns ...
  5. Oh ihr Jungfrauen rein und keusch / Die ihr besiegt Welt, Höll und Fleisch / Ihr heil´gen Frauen tugendreich / Ihr Freunde Gottes allzugleich / Helft uns ...
  6. Wir bitten euch durch Christi Blut / Erfleht uns Gnad beim höchsten Gut / Tragt vor die Not der Christenheit / Der heiligsten Dreifaltigkeit / Helft uns ...

In den Vorkriegs-Gesangbüchern bleibt es weitgehend beim alten Text, in den Nachkriegs-gesangbüchern fällt zunächst das Wort "Jammertal", es heißt nun "Erdental". Warum uns die Heiligen aber nun im "Erdental" helfen soll, statt im "lacrimarum valle", dem Tal der Tränen, leuchtet nicht ein. Auch der "Thron der Herrlichkeit" ist nicht mehr, nun reimt sich "allezeit" auf Barmherzigkeit. 

Die Revision geht auf das ansonsten vorbildliche "Kirchenlied" zurück, herausgegeben 1938 von Georg Thurmair und Josef Diewald. Warum das Lied nun grundstürzend umgedichtet werden muß, obwohl die Herausgeber angeblich das Gegenteil vorhaben, nämlich die "Kraftvolle Urgestalt" in ihrer "Urform" wiederherzustellen, bleibt ein Rätsel. Auch bei anderen Liedern, die die beiden Herausgeber sich vorgenommen haben, wird keineswegs die "Kraftvolle Urgestalt" wiederhergestellt, sondern ein überhaupt nicht "kraftvolles" sondern überaus schlappes Liedlein geschaffen, so auch hier.

Im zweiten Vers sind die Engelchöre nicht mehr von Heil´ger Lieb zu uns beseelt, sie sind nun "voller Macht" und geben "treulich auf uns acht". Den Revisoren war die heilige Liebe - wie stets - offenbar zu pathetisch.

Im Dritten Vers kommt das "Heil nicht mehr von den Juden" (Johannes 4, 22), notabene von den Patriarchen, auch die Propheten sahen nicht mehr Christus, eh er denn war, vielmehr hat den Patriarchen und Propheten "der Herr das Reich bereit." Das Band zwischen Juden und Christen zerreißt. Wir sind also nicht mehr "spirituelle Semiten"(Pius XI)? 

Im vierten Vers fehlen neben den Märtyrern die "Beichtiger". Auf jeder bayerischen Brück steht einer dieser Beichtiger, der Heilige Johannes von Nepomuk. Baßt scho, wo kein "Jammertal", da koa Sünd, wo koa Sünd, da auch kein Beichtiger, nicht? Der Heilige Nepomuk ertrinkt heutzutage in der Wassersuppen der Allerlösungstheologie.

Heutzutage - wir kommen zum 5. Vers - sind die Jungfrauen "licht und rein", und nicht mehr "rein und keusch", sie haben auch nicht "Welt, Höll und Fleisch" besiegt, sondern sind dem "Herrn allein", geweiht. Die sexuelle Revolution hat ihre Schatten offenbar ganz weit vorausgeworfen.

Auch der letzte Vers bleibt nicht unbehelligt, statt "erfleht uns Gnad beim höchsten Gut", heißt es "die ihr nun weilt beim höchsten Gut". Das paßt nun als I-Tüpfelchen obendrauf, oder, um im Bild zu bleiben, als trockenes Petersilienstreuselchen auf die ganze Wassersuppe. Denn, so die alltägliche Erfahrung des frustrierten Tradi-Katholiken, in der Wassersuppen gibts koa Sünd.

Das "Kirchenlied" wird in diesem Fall keineswegs seinem Anspruch gerecht, vielmehr trägt es zur "Entkräftung" bei, die sich dann im Gotteslob 1975, noch einmal geboostert durch den "Geist des Konzils", in seiner vollen Unschönheit entfaltet.

Die Melodie soll auf das "Catholisch Gesangbüchlein" von 1588 (Innsbruck) zurückgehen.

Das Lied selbst stammt aus dem Jahre 1623. Das Gotteslob zitiert vorsichtshalber "Köln 1623" (siehe oben).

1 Kommentar:

  1. Die Wassersuppe und das trockene Petersiliensträußchen erfreuen mich besonders :) Doris

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