Samstag, 29. Oktober 2022

Müde bin ich, geh zur Ruh

Snowwhite praying
 

Es ist wohl das populärste Abendlied Deutschlands. Im Gotteslob findet es sich allerdings nicht, in den Diözesangesangbüchern war es noch abgedruckt, nicht ganz im Original, aber doch ganz vorne bei den Abendgebeten für Kinder.

Und weil es so populär ist, ist es auch immer wieder umgedichtet und parodiert worden, zum Beispiel so:

Müde bin ich, geh zur Ruh´/ decke mich mit Kuhdreck zu / kommt der böse Feind herein / greift er in den Kuhdreck rein

Das Original geht so

  1. Müde bin ich, geh zur Ruh / schließe beyde Äuglein zu : Vater laß die Augen deyn / über meinem Bette sein
  2. Hab ich Unrecht heut getan / sieh es, lieber Gott, nicht an! / Deine Gnad und Jesu Blut, Macht ja allen Schaden gut.
  3. Alle, die mir sind verwandt. / Gott, laß ruhn in deiner Hand. / Alle Menschen,  groß und klein, / sollen dir befohlen sein.
  4. Kranken Herzen sende Ruh, / Nasse Augen schließe zu; / Laß den Mond am Himmel stehn, / Und die stille Welt besehn.

Im Allgemeinen sieht man das Lied - oder das Gebet - als Kinderlied an, auch wegen der "Äuglein". Daß Luise Hensel, die das Lied im Alter von 18 Jahren gedichtet hat, es so sah, ist nicht plausibel. Jedenfalls ist es wohl gelungen und es ist zu Recht mit der Aufnahme in das "Geistliche Wunderhorn" als "Großes deutsches Kirchenlied" geadelt worden.

Es findet sich allerdings nur selten unumgedichtet in den Sammlungen. Meist traf es die "Äuglein", die man als zu kindlich ansah, in fast allen Fällen gefielen die zwei letzten Zeilen nicht. Man hat sie wohl als zu "ungeistlich" angesehen. 

Nun ist aber der Mond in vielen geistlichen Abendlieder das Nachtlicht Gottes ("Der Mond ist aufgegangen"), das er an den Himmel gehängt hat, um über uns zu wachen und unseren Schlaf zu bescheinen. Die Augen Gottes aus dem ersten Vers haben ihre Entsprechung im Mond, der über uns wacht. Also paßt es, warum es ändern?

Die am häufigsten gesungene Melodie

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen