Sonntag, 11. September 2022

Nun komm der Heiden Heiland

Bischof von Mailand

339 in Augusta Treverorum  (Trier) geboren, seit 365 als Anwalt tätig, wurde Ambrosius 374 zum Bischof von Mailand gewählt, wo er 397 starb.  In die Geschichte ging er ein als einer der vier Kirchenväter aber vor allem als Verfasser der "ambrosianischen" Hymnen, die bis heute nach mehr als 1.600 Jahren noch immer in Gebrauch sind.

In meinem geliebten Konfirmandengesangbuch stand als erstes Lied diese Kontrafaktur seines Hymnus "Veni redemptor gentium":
  1. Nun komm der Heiden Heiland / der Jungfrauen Kind erkannt / daß sich wunder alle Welt, / Gott solch Geburt ihm bestellt.
  2. Nicht von Manns Blut noch von Fleisch / allein von dem Heil'gen Geist / ist Gotts Wort worden ein Mensch / und blüht ein Frucht Weibes Fleisch.
  3. Er ging aus der Kammer sein / Dem könglichen Saal so rein, / Gott von Art und Mensch, ein Held, / sein' Weg er zu laufen eilt.
  4. Sein Lauf kam vom Vater her / und kehrt wieder zum Vater, fuhr hinunter zu der Höll' / und wieder zu Gottes Stuhl
  5. Dein Krippen glänzt hell und klar, die Nacht gibt ein neu Licht dar, / Dunkel muss nicht kommen drein, / der Glaub bleibt immer im Schein.
  6. Lob sei Gott dem Vater g'tan; / Lob sei Gott sei'm ein'gen Sohn, /Lob sei Gott dem Heil'gen Geist / immer und in Ewigkeit.
Die Übersetzung geht auf Martin Luther zurück, womöglich auch die Melodie, die sich an die mittelalterliche gregorianische Melodie anlehnt, ihr aber nicht entspricht.

Luther hat, wie zu seiner Zeit bereits üblich, nicht die erste Strophe des ambrosianischen Hymnus übersetzt, sie war nicht mehr in Gebrauch, ursprünglich begann der Hymnus mit folgendem Vers.

Intende, qui regis Israel,
Super Cherubim qui sedes,
Appare Ephrem coram, excita
potentiam tuam et veni.
Und erst dann folgt

Veni, redemptor gentium;
Ostende partum virginis;
Miretur omne saeculum.
Talis decet partus Deo.

Ambrosius entfaltet in 8 Strophen zu je vier Zeilen mit je 8 Silben das Mysterium der Geburt des Gottessohnes. Nicht nur der Text, sondern auch seine Form hat Bedeutung, die Zahl 8 steht für den 8 Tag, den Tag, an dem Jesus Christus geboren ist, der achte Tag der Schöpfung.

Man hat sich häufig über die auffällige "Kunstlosigkeit" des lutherschen Textes ausgelassen, wo sich der Reim eher nur ausnahmsweise reimt, wo sich die eine oder andere Formulierung findet, die schon manchen ratlos zurückgelassen hat.  Lieselotte von der Pfalz, hat sich in einem Brief an das "wunderliche" Lied  erinnert, dessen Text sie schon als kleines Kind irritiert hat. Dafür gibt es eine Erklärung: Luther hat den Text so akribisch wie möglich übersetzt, auf den Reim oder auf die Umgangssprache kam es ihm dabei weniger an.

Letzteres war aber auch der Grund, warum der Luther-Text auch in katholische Gesangbücher aufgenommen wurde, von Beuttner über Corner bis zum "Rheinfelsischen Gesangbuch", wo er wiederum auf Platz 1 steht. Corner hat sich in einem ausführlichen Vorwort dazu bekannt, daß er in sein "Groß Catolisch Gesangbüch" auch evangelische Texte aufnimmt, sofern sie den authentischen katholischen Glauben wiedergeben. Bei der wortgetreuen Übersetzung des "Veni redemptor gentium" war das zweifellos der Fall.

Bei den Katholischen geriet der Luther-Hymnus ausgerechnet in einer Zeit, in der soviel von "Ökumene" die Rede war wie nie, in Verruf. In den Diözesan-Gesangbüchern vor 1945 findet sich keine Übersetzung des ambrosianischen Hymnus mehr, nach 1945 taucht der Hymnus wieder in der Übersetzung von Petronia Steiner auf. Die Übersetzung ist nicht gelungen, sie verschwand mit dem Gotteslob 1975 wieder und wurde durch einen Text vom Markus Jenny ersetzt.

Damit haben sich die Nachkonziliaren für das Werk eines evangelischen Theologen und Hymnologen entschieden, statt des Werkes des Ur-Evangelen Luther selbst. Das Jenny-Lied halte ich für eines der schröcklichsten Liedlein in dem an geschmack-, kunst-, lieb- und glaubenslosen Liedern überreichen Gotteslöbern.

Die Übersetzung ist sinnverfälschend, das Ganze ist völlig kunstlos, enthält unpassende altertümelnde Vokabeln wie "darob", "entströmt" und "obsiegt", es ist wirklich richtig schlecht.

Es bleibt nur noch die alte, auf Luther zurückgehende Melodie, sonst bleibt wieder kein Stein auf dem anderen.

"Veni redemptor gentium" übersetzt Jenny mit "Komm du Heiland aller Welt", das ist zwar im klassischen Latein richtig, nicht aber im kirchlichen Gebrauch, wo das Wort gentes in der Regel mit "Heiden", also den nichtjüdischen Völkern übersetzt wird. Schlimmer wirds im zweiten Satz "Ostende partum virginis", heißt nicht "Sohn der Jungfrau mach dich kund" sondern "Verkünde die Geburt aus der Jungfrau". "Miretur omne Seculum" würde mein Lateinlehrer mit "darüber möge alle Welt staunen" übersetzen und nicht mit "Darob staune was da lebt", das "darob" wirkt in einem Text des 20. Jahrhundert außerdem gequält altertümelnd. "Talis decet partus deo" könnte man mit "Solche Geburt ist Gottes würdig" übersetzen auf keinen Fall aber mit "Also will Gott werden Mensch", denn die richtige Übersetzung spricht noch einmal die Geburt aus der Jungfrau an und nicht die Inkarnation.

Es wird ja immer wieder dementiert, daß protestantische Theologen den Novus Ordo mitformuliert haben, bei katholischen Gesangbüchern ist es nicht zu verbergen.

Ich plädiere für das Original oder eben für Luther, solange mir keiner einen besseren Text zeigt und übrigens, was Johann Sebastian Bach inspiriert hat, das kann auch uns inspirieren.

Das Lied steht übrigens auch im EKD-Gesangbuch nicht mehr auf Platz Eins, dort steht nun Weissels "Macht hoch die Tür". Ein schönes Lied, würde es nicht vor Weihnachten aus jedem Supermarktlautsprecher düdeln.

Die Melodie kann man sich hier anhören

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